Kapey
 Mein Cousin

Auf dem Blatt Papier, das ich von der jungen Polizistin bekommen hatte, stand der Name und die Telefonnummer des Beamten vom LKA- Hamburg, an den ich mich wenden sollte. Außerdem war handschriftlich der Name und die Telefonnummer meines Cousins hinzu gefügt. Sie hatte mich mit den Worten: „Herr XY hatte darum gebeten, dass sie sich bei ihm melden“, darauf aufmerksam gemacht. Nachdem ich mehrmals beim LKA- Hamburg  vergeblich angerufen hatte und anscheinend niemand im Büro war, habe ich die Nummer meines Cousins gewählt.

Meinen Cousin kenne ich nur als Kind und ich habe so gut wie keine Erinnerungen an ihn. Er ist 5 Jahre jünger und wir hatten schon als Kinder so gut wie keinen Kontakt zusammen. Er ist für mich ein -fremder Mensch-, zu dem ich eigentlich keine Beziehung habe. Ich bin 1950 geboren und so kurz nach dem 2. Weltkrieg hatten wir das Glück in einem eigenen Haus in einer Kleingartensiedlung in Hamburg- Stellingen zu leben. Auch meine Tante, die ältere Schwester meiner Mutter, die Mutter meines Cousins und auch meine Großeltern hatten ein Haus in der Kleingartensiedlung. Die jüngere Schwester meiner Mutter wohnte mit ihrer Tochter, nach ihrer Scheidung bei ihren Eltern. Wir wohnten also alle nah beieinander und jeder konnte den Anderen zu Fuß besuchen. Aber zur älteren Schwester meiner Mutter und ihrer Familie gab es sehr wenig, bis gar keinen Kontakt.

Es dauerte einige Zeit bis sich mein Cousin meldete. Ich wollte gerade den Hörer wieder auflegen und dachte schon, dass ich heute wohl einen ausgesprochen schlechten Tag habe und niemanden erreichen konnte. Die Stimme meines Cousins klang ähnlich, wie die seines Vaters und so kam doch noch so etwas wie Vertrautheit bei mir auf. Ich sagte wer ich bin und dass die Polizistin mir ausgerichtet hatte, dass ich mich bei ihm melden sollte. "Nein, das ist so nicht richtig gesagt", erwiderte er. -Unbedingt- melden, hätte ich mich nicht müssen-, nur wenn ich es wollte (?).

Sein Beileid sprach er mir nicht aus, dass scheint heute nicht mehr üblich zu sein. Er erzählte mir, dass er Wolfgang nicht mehr telefonisch erreichen konnte und sich dann an die Polizei in Hamburg wandte. Er selber wohnt im Haus seiner Eltern, die inzwischen verstorben sind und das ist ca. 40km von Hamburg entfernt. Nachdem die Wohnungstür geöffnet wurde, bekam er von der Polizei Bescheid, dass Wolfgang tot aufgefunden wurde und er wurde telefonisch befragt. Er gab an, dass es noch eine Schwester gab und dass sie, soweit er es wusste, in Bayern lebte. Er wusste auch, dass es noch kein Obduktionsergebnis gab und dass es auch nicht vor Donnerstag oder Freitag vorliegen würde. Stirbt ein Mensch zu Hause, dann wird der Leichnam in der Regel obduziert. Er konnte mir auch ein Aktenzeichen nennen, unter dem der Vorgang bearbeitet wurde. Ich notierte es mir. Vielleicht konnte es mir bei der Polizei weiter helfen.

Ich fragte ihn, ob er der Polizei auch mitgeteilt hatte, dass es noch einen unehelichen Sohn gab. Er verneinte und meinte, dass er den Namen dieses Sohnes nicht vollständig kannte und er auch gar nicht an ihn gedacht hatte. Das musste ich der Polizei natürlich mitteilen, denn der Sohn von Wolfgang war ja sein eigentlicher Erbe und für alles weitere zuständig. Wenn man da überhaupt von einem -Erbe- sprechen konnte, was Wolfgang wahrscheinlich hinterlassen hatte. Aber -Erbe- ist ja alles was ein Verstorbener hinterlässt. Ob im positiven, oder negativen Sinn.

Mein Cousin sagte mir Hilfe zu, wenn ich welche brauchen würde. Das fand ich sehr nett und war auch dankbar dafür. Ich gab ihm meine Telefonnummer durch, mit dem Hinweis: „Wo der Sohn von Wolfgang lebt, weiß ich nicht, aber sein Name ist etwas ungewöhnlich und vielleicht können wir ihn, oder seine Mutter doch noch finden“. Ich sagte ihm den Namen von Mutter und Sohn und wir verabschiedeten uns, mit dem Hinweis, erneut miteinander zu telefonieren, wenn es neue Erkenntnisse gab.




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