Meine nette Nachbarin erzählte mir, dass sie eine Kur beantragt und ihre Krankenkasse diese Kur abgelehnt hatte. Sie zeigte mir ganz enttäuscht den Bescheid. „Dagegen können sie doch Einspruch einlegen“, sagte ich zu ihr und meinte noch: „Die Krankenkassen lehnen doch immer erst einmal alles ab. Da gibt es im Fernsehen doch immer wieder Berichte drüber“. „Das traue ich mich aber nicht“, meinte sie dazu.
Frau Sch. war 70 Jahre alt und arbeitete immer noch stundenweise im Verkauf. Das machte ihr Spaß und so kam sie -unter die Leute-, wie sie sagte. Um ihre -Arbeitskraft zu erhalten-, hatte ihre Hausärztin ihr geraten eine Kur zu beantragen. „Wie wäre es denn, wenn sie sich den Antrag ihrer Hausärztin in Kopie geben lassen und ich schaue mir den Antrag mal an“. Das traue sie sich auch nicht, nach einer Kopie zu fragen, sagte sie etwas zerknirscht. „Na ja, etwas Mut braucht man schon, wenn man den Dingen auf den Grund gehen will“, erwiderte ich.
Frau Sch. hat dann doch allen Mut zusammen genommen und hat ihre Hausärztin um eine Kopie des Antrages an die Krankenkasse gebeten. Ich hatte die Hausärztin ja selber kennengelernt, als ich ein Rezept brauchte. Frau Sch. klingelte bei mir und gab mir ganz stolz ihre Kopie. Ich las den mehrseitigen Antrag von vorne bis hinten durch und war etwas überrascht.
In dem Antrag waren keine Beeinträchtigungen von Frau Sch. angeführt. Sie hatte keinen Bluthochdruck, nicht einmal Übergewicht (obwohl sie Übergewicht hatte, nur nicht so extrem), oder andere gesundheitliche Probleme, wie Personen in ihrem Alter so allgemein haben. So einen Antrag kann keine Krankenkasse der Welt genehmigen.
Eigentlich hätte sie auch eher Probleme mit der Lunge, sagte sie mir dann und dass ein Lungenfacharzt auch noch ein Gutachten bei der Krankenkasse eingereicht hätte. „Also, dann brauchen wir auch noch eine Kopie von diesem Gutachten“, meinte ich. Das war jetzt kein Problem mehr für Frau Sch. und so war die Kopie schnell da.
In dem Gutachten waren einige Beeinträchtigungen angeführt, aber so wirklich schlimm, um eine Kur damit zu begründen, war es dann doch nicht um Frau Sch. bestellt. Allerdings war in dem Gutachten ein Fehler enthalten. Aus Versehen hatte man Frau Sch. um 10 Jahre älter gemacht. Ihr Geburtsdatum war falsch eingetragen. Laut Gutachten war sie 80 Jahre alt und welche Krankenkasse genehmigt einer 80-jährigen eine Kur -um ihre Arbeitskraft zu erhalten-!? Die Krankenkasse hatte jedenfalls keinen Fehler gemacht.
Frau Sch. wies ihren Lungenfacharzt auf diesen Fehler hin und der entschuldigte sich natürlich tausendmal und mehr. Er setzte sich persönlich mit der Krankenkasse in Verbindung und es dauerte nicht lange und Frau Sch. zeigte mir den Bescheid für ihre jetzt genehmigte Kur. Das nennt man Nachbarschaftshilfe.
Wer weiß, wie viele -solcher Anträge- bei den Krankenkassen eingehen. Nicht viele Patientinnen und Patienten kontrollieren die Anträge ihrer Ärzte an die Krankenkasse! Man muss selber kein Arzt sein um zu erkennen, ob im Antrag Gründe angeführt werden, die eine Kur notwendig machen oder nicht!
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